Laufschrift

Resolution des Forums für MigrantInnen in der Hansestadt Lübeck zu NSU Aufarbeitung:

Vor gut einem Jahr, am 4. November 2011, wurde die Mordserie des sogenannten „Nationalsozialistischen Untergrunds“ öffentlich bekannt.


13 Jahre lang konnte die Neonazigruppe unerkannt zehn Menschen in Deutschland ermorden und weitere durch Bombenanschläge verletzen. Das Tatmotiv: Rassismus. Die rassistischen Morde wurden von der Terrorzelle langfristig geplant und systematisch durchgeführt, obwohl die Sicherheitsdienste die Täter bereits seit Jahren im Blick hatten. Wie konnte das geschehen? Diese Frage ist auch ein Jahr nach Bekanntwerden der Morde nicht beantwortet. Weder die staatlichen Behörden noch der parteiübergreifende Untersuchungsausschuss, noch die Medien konnten bisher die Rolle aller in der Vergangenheit beteiligten Akteure aufklären. Schuld daran sind unter anderem die verwirrenden Arbeitsmethoden des Verfassungsschutzes, insbesondere desjenigen in Thüringen.

Wir fordern :
Eine nachhaltige Unterstützung der Angehörigen der Mordopfer.
Die lückenlose Aufklärung der rechtsterroristischen Taten.
Die potentiellen Opfer rassistischer, rechtsextremer Angriffe dürfen ihr Vertrauen in die Sicherheitsorgane unserer Gesellschaft nicht verlieren. In einer demokratischen Gesellschaft müssen sich alle auf die Funktionsfähigkeit ihrer Institutionen verlassen können. Unabhängig von ihrer Herkunft, Hautfarbe, Sprache oder Religion.
Eine öffentliche Debatte über die bestehende Sicherheitsarchitektur in
Deutschland.
Die Inlandsgeheimdienste haben die rechtsterroristischen Morde nicht nur nicht verhindert, sie tragen auch nur ungenügend zur Aufklärung der Taten bei. Die Frage nach ihrer Legitimation und Neustrukturierung muss gestellt werden.
Eine erhöhte Sensibilisierung für rassistische Wahrnehmungsmuster bei
Behörden, Sicherheitsdiensten und Medien.
Rassistische Einstellungen sind heute nicht nur an den Rändern der Gesellschaft, sondern auch in ihrer Mitte weit verbreitet. Abwertende und vorverurteilende Bezeichnungen wie „Dönermorde“ in den Medien oder „Soko Bosporus“ bei der Polizei zeugen von diskriminierenden Einstellungen und sind nicht hinnehmbar.
Die volle Unterstützung der Arbeit des parteiübergreifenden
Untersuchungsausschusses durch alle demokratischen Institutionen.
Verstärkte Informationen und Aufklärung der Öffentlichkeit über rassistische Netzwerke:
Der Alltagsrassismus tritt leider immer häufiger in Form von Islamfeindlichkeit, Antisemitismus, Antiziganismus etc. auf, rassistische Strukturen sind europaweit eng verflochten und auch in Deutschland tief verwurzelt.
Zivilgesellschaftliche Initiativen, die sich für den Abbau von rassistischen,
rechtsextremen Ideologien einsetzen und dafür geeignete Methoden und
Instrumente entwickeln, müssen langfristig unterstützt werden. Jetzt muss den Expertinnen und Experten aus nichtstaatlichen Organisationen Gehör geschenkt werden, die dazu beitragen können, zu klären, wie sich die rechtsextremen Netzwerke personell zusammen setzen, wie sie sich finanzieren und wie sie neue Mitläufer anwerben.
Dabei sind die Ansätze zur Prävention konsequent weiter zu entwickeln.